Wer effiziente Energiematerialien – zum Beispiel für die elektrolytische Wasserstofferzeugung – entwickeln will, muss klein denken und in den Nanokosmos abtauchen: Forschende der LMU und TU München haben eine innovative Methode entwickelt, um poröse DNA-basierte Nanostrukturen für vielfältige Anwendungen nutzbar zu machen. Die neue Technik schlägt eine Brücke zwischen der Nass- und Trockenchemie und erweitert die Anwendungsmöglichkeiten der dreidimensionalen Nanomaterialien damit erheblich. Wie das Verfahren für 3D-DNA-Origami funktioniert und welche Möglichkeiten es für nachhaltige Energietechnologien eröffnet, berichten die vom Exzellenzcluster e-conversion geförderten Teams um Prof. Tim Liedl, Prof. Thomas Bein (beide LMU) und Prof. Ian Sharp (TUM) in einem Fachartikel.
Im Fokus steht der Aufbau großer poröser Strukturen mit homogenen, präzise definierten und anpassbaren Porengrößen, die eine zentrale Rolle im Bereich der Energiespeicherung, Elektrokatalyse und Photonik spielen können. Die filigranen Strukturen im großen Maßstab herzustellen, ist allerdings eine enorme Herausforderung. Daher ist die Selbstorganisation von DNA-Bausteinen in der Nanotechnologie ein sehr vielversprechender Ansatz: Es lassen sich damit Milliarden von Nanostrukturen in wässriger Umgebung präzise gestalten und formen. Diesen Ansatz praktiziert das LMU-Team um Prof. Liedl bereits sehr erfolgreich seit mehr als einem Jahrzehnt und gilt als weltweit führend auf dem Gebiet. Mit Hilfe der DNA-Origami-Technik wurden bereits unter anderem dreidimensionale Tetrapod-Monomere geformt, die sich zu inversen Diamant-DNA-Kristallstrukturen von bis zu 10 µm Größe zusammenlagerten.
Fragile DNA-Architekturen erhalten
„Die Crux ist allerdings: Um die komplexen Nanomaterialien präzise mit Metalloxidschichten zu funktionalisieren, sind Prozesse der Trockenchemie notwendig – sowie hohe Temperaturen. Diese können zu ungünstigen Spannungen in dem 3D-Gerüst führen“, erklärt Arthur Ermatov, Doktorand in der Gruppe von Prof. Liedl. Um die Strukturen zu erhalten, nutzten die Forschenden bislang den sogenannten Sol-Gel-Chemie-Ansatz, wobei die dreidimensionalen DNA-Architekturen mit einer dünnen Schutzschicht aus Siliziumdioxid überzogen und dann getrocknet wurden. „Wir haben jetzt ein weiteres Verfahren entwickelt, bei dem wir mithilfe der überkritischen Trocknung die Strukturen schonend aus der wässrigen Lösung extrahieren“, sagt Ermatov. „Der Vorteil ist: Wir können die DNA-Kristalle ohne jegliche Schutzschicht und ohne Verformung durch Oberflächenspannung konservieren – und erhalten ihre komplexe, offene Struktur.“
3D-Schablone für die elektrokatalytische Wasserstoffproduktion
Weiterhin zeigte das LMU-Team, dass sich diese getrockneten Nanostrukturen mit etablierten Methoden der Trockenchemie weiterverarbeiten lassen. Im nächsten Schritt brachten kooperierende Forschungsteams der LMU um Prof. Thomas Bein und der TU München um Prof. Ian Sharp mithilfe eines Verfahrens zum Abscheiden von einzelnen Atomlagen (Atomic Layer Deposition) Metalle und Metalloxide auf die DNA-Kristalle auf. „Mithilfe der Rasterelektronenmikroskopie und der Röntgenspektroskopie konnten wir nachweisen, dass sich bei dieser Methode das gewünschte Material gleichmäßig auf den gesamten DNA-Kristallen abscheidet und gleichzeitig die zugrundeliegende 3D-Struktur erhalten bleibt – und zwar bei Kristallen sowohl mit als auch ohne Schutzschicht“, erklärt Ermatov. Als Proof-of-Concept beschichtete Melisande Kost, Doktorandin in der Gruppe von Prof. Bein, die DNA-Kristalle mit Iridiumoxid und testete dann die elektrokatalytische Leistungsfähigkeit des Nanomaterials. „Die effizienteste Methode zur elektrokatalytischen Wasserstoffproduktion erfordert die seltene Verbindung Iridiumoxid als Katalysator. Daher sind präzise beschichtete Nanostrukturen unabdingbar für die optimale Nutzung dieses seltenen Materials“, erläutert Kost. Das Team beobachtete eine deutlich gesteigerte Wasserstoffproduktion verglichen mit herkömmlich beschichteten Oberflächen. Die 3D-DNA-Nanostruktur blieb selbst unter anspruchsvollen katalytischen Bedingungen stabil.
„Unsere Methode eröffnet damit völlig neue Möglichkeiten im Materialdesign für die Wasserstoffproduktion durch Elektrolyse“, erklärt Prof. Liedl. „Die präzise einstellbare Porenstruktur unserer DNA-Nanokristalle könnte helfen, die Effizienz von Katalysatoren weiter zu steigern. Das wäre ein bedeutender Schritt für die nachhaltige Energiegewinnung.“ Ein weiterer Vorteil ist, dass die Technik nicht nur robust, sondern auch flexibel und modular anpassbar ist. Damit bietet sie eine vielversprechende Plattform, um maßgeschneiderte Nanomaterialien mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten in der Photonik, Katalyse und darüber hinaus herzustellen.
Publikation:
Fabrication of Functional 3D Nanoarchitectures via Atomic Layer Deposition on DNA Origami Crystals; A. Ermatov, M. Kost, X. Yin, P. Butler, M. Dass, I. D. Sharp, T. Liedl, T. Bein, G. Posnjak
https://doi.org/10.1021/jacs.4c17232
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Tim Liedl
Forschungsgruppe Molecular Self-Assembly and Nanoengineering
Fakultät für Physik und Center for NanoScience (CeNS)
Ludwig-Maximilians-Universität München
Email: tim.liedl(at)physik.lmu.de
Webseite: https://www.softmatter.physik.uni-muenchen.de/liedl_group/index.html
Originalartikel: https://www.e-conversion.de/de/dna-origami-katalysator/ (Caroline Zörlein)