Im Oktober letzten Jahres trat Dr. Florian Dirnberger (FD) der TUM School of Natural Sciences als unabhängiger Emmy-Noether-Nachwuchsgruppenleiter bei. Während er derzeit sein Team aufbaut und die Laboreinrichtungen für seine Forschung einrichtet, wurden gerade zwei seiner Arbeiten in Nature Materials veröffentlicht. In diesem NAT-Features-Interview sprechen wir mit ihm über seinen Weg zum TUM Junior Fellow.
NAT: Wie sind Sie in München gelandet? Erzählen Sie uns von Ihrem bisherigen Werdegang.
FD: Ich bin in Bayern aufgewachsen, habe Physik studiert und 2019 meinen Doktortitel an der Universität Regensburg erworben. Danach erhielt ich ein Walter-Benjamin-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, um als Postdoc am City College of New York die starke Wechselwirkung von Licht und Materie zu untersuchen.
NAT: Das bedeutet, Sie waren während der Pandemie in New York, einer schwierigen Zeit für die Forschung in Laboren weltweit. Was konnten Sie während dieser herausfordernden Zeit erreichen?
FD: Ich hatte viel Glück! Meine lokalen und internationalen Kooperationen waren wirklich sehr wertvoll. Sie haben es mir ermöglicht meine Forschung weiter zu führen. Trotz der Einschränkungen konnte ich viel gute Forschung betreiben. New York wurde von der ersten Welle schwer getroffen. Eine Zeit lang war es die "Hauptstadt von COVID", was wirklich beängstigend, aber auch eine interessante Lebenserfahrung war.
NAT: Nach New York sind Sie 2023 nach Deutschland zurückgekehrt und arbeiteten als Postdoc an der Technischen Universität Dresden. Haben Sie dort die Ideen für Ihre Emmy-Noether-Forschungsgruppe entwickelt?
FD: Nein, das Emmy-Noether-Projekt folgt hauptsächlich einer neuen Forschungsrichtung, die während meiner Zeit in New York entstanden ist. Zweidimensionale magnetische Materialien wurden damals gerade erst entdeckt, und einige von ihnen zeigten sehr interessante optische Eigenschaften. Sie beherbergen optische Quasiteilchen, sogenannte Exzitonen, die mich faszinierten, da damals kaum etwas über ihre Eigenschaften bekannt war. Also habe ich alle meine vorherigen Pläne über Bord geworfen und mich ausschließlich darauf gestürzt. Jedes neue Experiment mit diesem Material, CrSBr, lieferte interessante Ergebnisse. Es war eine sehr produktive und kreative Zeit, und die Menschen waren begeistert von den Resultaten.
NAT: Das Emmy-Noether-Programm richtet sich an Nachwuchsforschende, um Erfahrungen in der Leitung einer unabhängigen Forschungsgruppe für sechs Jahre zu sammeln. Eine große Chance für angehende Professorinnen und Professoren. Was können Sie uns über Ihr Emmy-Noether-Stipendium und Ihre wissenschaftliche Arbeit berichten?
FD: Einige dieser zweidimensionalen magnetischen Materialien, wie CrSBr, können Licht bestimmter Farben absorbieren und emittieren, ein Verhalten, das stark von ihren magnetischen Eigenschaften abhängt. Dies schafft eine Verbindung zwischen optischen und magnetischen Eigenschaften, die ich besonders spannend finde. Anwendungen, die typischerweise auf Halbleitern basieren, wie Festkörperlaser oder LEDs, könnten von den Funktionalitäten von Magneten profitieren, beispielsweise im Bereich der Informationsspeicherung.
NAT: Welche Auswirkungen könnte Ihre Forschung auf den Alltag haben?
FD: Ein wesentliches Ziel meines Emmy-Noether-Projekts ist die Realisierung des ersten magnetischen Lasers. Ein solches Gerät könnte dazu beitragen, zukünftige Quantencomputer in bestehende optische Kommunikationsnetzwerke zu integrieren. Dafür müssten Photonen mit Mikrowellenfrequenzen, die für Quantencomputern relevant sind, in Photonen mit optischen Frequenzen umgewandelt werden, die mit Glasfasern kompatibel sind.
NAT: Warum haben Sie sich entschieden, Ihre Forschungsgruppe an der TUM aufzubauen?
FD: Die TUM ist eine der besten Institutionen für Grundlagenforschung in der Physik in Deutschland. Ich schätze es sehr, Expertinnen und Experten aus so vielen verschiedenen Disziplinen um mich zu haben.
NAT: Sie haben kürzlich zwei Arbeiten in Nature Materials veröffentlicht, mehr oder weniger mit unterschiedlichen Forschungspartnern. Was sind die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede dieser beiden Studien?
FD: Beide Studien untersuchen die optischen Eigenschaften des geschichteten magnetischen Materials CrSBr. In der ersten Studie fanden wir heraus, dass einige der Exzitonen an eine fast atomar dünne Schicht an der Kristalloberfläche gebunden sind, da die entgegen gerichtete Magnetisierung in der darunterliegenden Schicht sie daran hindert, in das Kristallinnere zu gelangen. In der zweiten Studie entdeckten wir, dass die Ausbreitung von Exzitonen auch im Kristallinneren auf eine einzige Schicht beschränkt ist. Wenn nun allerdings die Magnetisierung durch eine Erhöhung der Temperatur zerstört wird, breiten sie sich im Kristall aus. Magnetismus kann also Exzitonen einschränken, eine Erkenntnis, die beide Studien mit unterschiedlichen Techniken gewonnen haben.
NAT: Wie kam es dazu, dass Sie einer der vier Hauptautoren beider Nature Materials-Studien sind?
FD: Die Experimente wurden in New York, Dresden und Regensburg durchgeführt – alles Orte, an denen ich in den letzten Jahren gearbeitet habe. Durch meine aktiven Kooperationen bin ich gut vernetzt, was die Kommunikation zwischen den verschiedenen Parteien erleichtert hat.
NAT: Was ist der Unterschied zwischen dem Schreiben eines Forschungsantrags und dem Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit? Haben Sie Tipps für Nachwuchsforschende?
FD: Es ist wichtig, Forschungsfragen so zu strukturieren, dass auch Fachfremde die Kernaspekte verstehen können. Zudem ist Feedback von anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unerlässlich. Jeder entwickelt seinen eigenen Stil, aber die wissenschaftliche Gemeinschaft ist sehr unterstützend. Ich habe auf meinem Weg viel Unterstützung erhalten.
NAT: Welche Ausstattung beschaffen Sie für Ihr neues Labor?
FD: Wir bauen ein flexibles, aber leistungsfähiges optisches Experiment auf. Dafür benötigen wir ultrakurze Laserpulse, einen Detektor und einen magneto-optischen Kryostat.
NAT: Zwei Ihrer Doktoranden beginnen am 1. März. Was steht als Nächstes an?
FD: Ich hoffe, dass wir gemeinsam die Ideen aus dem Emmy-Noether-Projekt umsetzen können. Ich bin wirklich sehr gespannt, ob die geplanten Experimente wie erwartet verlaufen oder überraschende Entdeckungen bringen.
NAT: Welche große Frage möchten Sie in Ihrer Karriere beantworten?
FD: Was passiert mit geordneten magnetischen Momenten, wenn Exzitonen eine Bose-Einstein-Kondensation durchlaufen? Dieser Prozess geschieht extrem schnell, aber ich habe keine Vorstellung davon, wie die Ordnung magnetischer Momente darauf reagiert. Möglicherweise könnten wir dies durch die Untersuchung magnetischer Laser herausfinden.
Weitere Informationen und Links
Florian Dirnberger’s Gruppe Excitonic Quantum Materials https://www.exc-qumat.de/home
TUM Junior Fellows https://www.professoren.tum.de/en/tum-junior-fellows
Nature Materials Artikel
Magnetically confined surface and bulk excitons in a layered antiferromagnet. Shao, Dirnberger, et al. https://www.nature.com/articles/s41563-025-02129-6
Controlling Coulomb correlations and fine structure of quasi-one-dimensional excitons by magnetic order. Liebich, Dirnberger, et al. https://www.nature.com/articles/s41563-025-02120-1
Weitere Presseartikel
Nature Materials News & Views "Magnetic order as a tuning knob for Coulomb correlation”https://www.nature.com/articles/s41563-025-02122-z
University of Regensburg “Trapped in a magnetic cage” https://www.uni-regensburg.de/english/press-and-public-relations/news/index.html?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5BhideDate%5D=0&tx_news_pi1%5Bnews%5D=23538&tx_news_pi1%5BsimpleList%5D=1&cHash=4447a199a8c5a582e59e7ad26e64e0d9