Die diesjährige Preisverleihung fand in Berlin statt. Neben den Fachjury-Auszeichnungen hatten Zuschauerinnen und Zuschauer die Gelegenheit, ihre Stimme im Publikumsvoting abzugeben. Mit dieser Doppelauszeichnung beweist Julia Draeger insbesondere ihre Fähigkeit, komplexe Inhalte verständlich und begeisternd zu präsentieren.
In ihrem Pitch ging sie darauf ein wie Quantensensoren unser Bild der Natur verändern können: Kameras haben die Mikroskopie revolutioniert, einschließlich sichtbarem Licht, Fluoreszenz, Infrarot und Elektronenmikroskopie. In der Kernspinresonanz- und Magnetresonanztomographie (NMR/MRT) war ihr Einsatz jedoch bisher begrenzt, da magnetische Resonanzsignale nicht optisch detektierbar sind. Fortschritte in der Quantenwissenschaft ermöglichen es nun, diese Lücke zu schließen: Durch die Integration von Stickstoff-Fehlstellen in Diamanten wird mit extrem schneller optischer Detektion eine direkte, parallelisierte und hochauflösende Bildgebung von NMR-Signalen im Raum möglich. Dieses leistungsstarke Werkzeug könnte Anwendungen in der Materialwissenschaft, der Biologie und der Analyse einzelner Zellen und Gewebe revolutionieren.
Wir haben Julia zu Ihren Awards und dem Pitch ein paar Fragen gestellt:
Wie bist du auf die Idee gekommen dich für den Quantum Award 2024 zu bewerben und wie hast du dich gefühlt, als du erfahren hast, dass du eine Preisträgerin bist?
Ich kannte den Award bereits, da mein Kollege Robin Allert vor zwei Jahren daran teilgenommen und den zweiten Platz belegt hat. An die Ausschreibung wurde ich dann durch den E-Mail-Newsletter für Doktorandinnen und Doktoranden der NAT erinnert und dachte, dass mein Masterarbeitsthema gut passen könnte. Ermutigt und unterstützt von Dominik (Bucher) habe ich meine Masterarbeit entsprechend den Bewerbungsrichtlinien zusammengefasst und eingereicht. Ende Oktober erfuhr ich, dass ich zur Abschlussveranstaltung in Berlin eingeladen wurde. Darüber habe ich mich sehr gefreut und fühlte mich geehrt. Die Jury mit meiner Arbeit und dem Pitch vor Ort in Berlin zu überzeugen und mit dem zweiten Platz ausgezeichnet zu werden, war ein unglaublicher Moment, der mich mit noch mehr Freude und Dankbarkeit erfüllte.
Kannst du uns in einfachen Worten erklären, was du in deiner Masterarbeit gemacht hast?
Bei klassischen NMR-Messungen braucht man große Probenmengen und erhält nur ein Gesamtergebnis ohne räumliche Informationen. In Dominiks Gruppe arbeiten wir mit Quantensensoren – winzigen Defekten im Diamantgitter, die als atomare Sensoren für NMR-Messungen dienen. Dadurch können wir mit kleineren Probenvolumina arbeiten, weil der Sensor sehr nah an der Probe ist und das NMR-Signal nicht durch Spulen oder Induktionsschleifen ausgelesen wird, sondern in ein optisches Signal umgewandelt wird. Diese Kombination erlaubt es uns, sehr kleine magnetische Signale in optische Signale zu übersetzen, die wir dann als Bilder mit einer Kamera aufnehmen. In diesen Bildern entspricht jeder Pixel einem vollständigen NMR-Spektrum.
Das ermöglicht uns, beispielsweise die Dynamik von Flüssigkeiten an Grenzflächen oder biologische Proben in einem Maßstab zu untersuchen, der mit klassischer NMR-Spektroskopie nicht messbar ist. Die gesamte Gruppe arbeitet mit diesen Quantensensoren, allerdings meist punktuell. Während meiner Masterarbeit habe ich das erste Gerät gebaut, das Bilder erzeugen kann. Damit erreichen wir jetzt eine Auflösung von 10 µm und hoffen, diese noch weiter zu verbessern. Praktisch habe ich vor allem am Aufbau gearbeitet, was untypisch für die klassische Laborarbeit in der Chemie ist. Außerdem habe ich Teile der Programmierung übernommen, um sicherzustellen, dass der Code und das experimentelle Setup reibungslos zusammenarbeiten. Eine Herausforderung bestand darin, selbst kleinste magnetische Bestandteile in unserem Aufbau zu vermeiden – das ist gar nicht so einfach! Dafür haben wir einige Komponenten mit unserem 3D-Drucker hergestellt. Eine aktuelle Herausforderung ist die Verbesserung der Frequenzauflösung und Sensitivität unserer NMR-Spektren – hier gibt es noch viel Potenzial
Wie geht es jetzt für dich nach der Masterarbeit weiter?
Ich bin jetzt Doktorandin in Dominiks Gruppe (Professur für Quantensensorik) und arbeite daran, die Methode weiterzuentwickeln. Meine Masterarbeit war der „Proof of Principle“, und seitdem habe ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen das erste voll funktionsfähige Setup für NMR-Bildgebung in diesem Maßstab entwickelt. Für diejenigen, die sich für die experimentellen Details interessieren: Eine Publikation zu diesem Thema erscheint bald. Momentan arbeiten wir an der zweiten Generation des ursprünglichen Aufbaus, die einen neuen, großen Magneten, ein Lichtblatt und ein homogeneres Mikrowellenfeld umfasst. Damit können wir Messungen mit noch höherer Auflösung über ein größeres Sichtfeld durchführen. Unser Ziel ist es, mit diesem System in naher Zukunft biologische Proben zu untersuchen.
Wie wichtig ist dir Wissenschaftskommunikation und wie hast du dich auf den Pitch vorbereitet?
Meiner Meinung nach bringt es nichts, wenn man Wissenschaft im Labor macht, diese aber nicht ordentlich kommuniziert. Wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen unsere Forschung gegenüber dem Steuerzahler rechtfertigen und klar kommunizieren, dass die Anwendung der Erkenntnisse, die aus der Grundlagenforschung gewonnen werden, durchaus eine Zeit dauert. Mir macht es persönlich Spaß meiner Familie und Freunden in einfachen Worten zu erklären, was ich eigentlich in der Forschung so mache und wozu das führen könnte. Dabei muss man immer die richtigen Worte für das jeweilige „Publikum“ finden. Wenn ich z.b. meiner Omi etwas dazu erkläre, muss ich andere Worte wählen, als wenn ich dazu mit meinen Kommilitonen aus dem Studium spreche. Ich mag diese Herausforderung und mir gefällt es über Dinge zu sprechen die ich spannend finde und würde immer gerne diese Faszination weitergeben.
Auf den Pitch konnte ich mich dank der Hilfe meiner Kolleginnen und Kollegen – v.a. Robin Allert – sehr gut einstellen. Als Team haben wir überlegt, wie wir das Thema meiner Masterarbeit in nur 3 Minuten einem sehr breiten Publikum präsentieren können. Ich habe versucht, mich in die Perspektive von Menschen zu versetzen, die mit dem Thema nicht vertraut sind, und einen zugänglichen Einstiegspunkt zu finden. In diesem Fall habe ich unsere Methode als eine Kombination aus MRT und optischer Mikroskopie erklärt, mit denen die meisten Menschen vertraut sind. Offenbar hat das gut funktioniert!
Möchtest du dich bei jemanden bedanken?
Natürlich möchte ich dem BMBF für die Auszeichnung danken und meinen Kolleginnen & Kollegen in der Forschungsgruppe für ihre Teamarbeit im Labor und die Unterstützung bei der Vorbereitung auf den Award – ein besonderes Dankeschön an Karl, Robin und Dominik. Ich möchte auch meiner Familie und meinem Freund danken, die mich immer in dem unterstützt haben, was ich liebe.
Außerdem möchte ich allen danken, die den Livestream geschaut und während des Pitches für mich abgestimmt haben. Es bedeutete mir sehr viel, so viel Unterstützung von Freunden, Familie und ehemaligen Kolleginnen und Kollegen erhalten habe!
Liebe Julia, vielen Dank für das Interview und nochmals herzlichen Glückwunsch zu deinen Awards!
Weitere Informationen und Links:
- Quantum Future Award: Der Wettbewerb, organisiert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), stellt junge Talente in den Mittelpunkt, die mit innovativen Ansätzen die Zukunft der Quantentechnologien gestalten. Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Unternehmen haben die Möglichkeit, ihre Ideen einzureichen. Das Quantum Future Programm des BMBF fördert dabei gezielt den wissenschaftlichen Nachwuchs aus den Bereichen Natur-, Ingenieur- und Informationswissenschaften.
- Prof. Dominik Bucher, Professur für Quantensensorik
- News vom MCQST
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