Mehr als 400 studentische Teams aus aller Welt kamen im Oktober in Paris zusammen, um ihre innovativen Forschungsergebnisse im Bereich der Synthetischen Biologie zu präsentieren. Vor einem internationalen Publikum von über 10.000 Menschen stellte das Team iGEM München mit Prof. Gil Westmeyer sein Projekt ProgRAM: Programmable RNA Access Memory vor – und wurde dafür mit einer Goldmedaille und einer Nominierung für das beste Software-Tool ausgezeichnet.
Das Forschungsprojekt von iGEM München verfolgt das Ziel, Zellen in die Lage zu versetzen, Ereignisse in ihrem Inneren aufzuzeichnen – ohne dabei auf DNA als Speichermedium angewiesen zu sein. Stattdessen nutzt das Team RNA als molekulares Speichersystem, inspiriert von Arbeitsspeichern in Computern. Die Umsetzung erfolgte mithilfe eines speziellen Enzyms (Cas13b-ADAR), das gezielt RNA-Sequenzen modifiziert und so ein Ampelsystem zur Überwachung biologischer Prozesse ermöglicht. Diese innovative Methode erlaubt eine schnelle und zerstörungsfreie Auswertung der gespeicherten Informationen.
Das Münchener Team engagierte sich auch aktiv in der Wissenschaftskommunikation. Unter anderem organisierte es eine interdisziplinäre Podiumsdiskussion zur Rolle der Künstlichen Intelligenz in der modernen Biologie und veranstaltete Workshops, darunter den Girls' Day und iGEM@school. Besonders erfolgreich war ihr interaktives, 3D-druckbares Puzzle, das spielerisch das zentrale Dogma der Molekularbiologie erklärt.
Ein weiteres Highlight des Teams war die Entwicklung des iGEM Data Explorer, eines KI-gestützten Tools zur verbesserten Nutzung der wissenschaftlichen Inhalte in den iGEM-Wikis. Angesichts der über 4.470 Projekte, die im Laufe von zwei Jahrzehnten entstanden sind, soll dieses Tool helfen, wichtige Informationen leichter zugänglich zu machen.
Auf dem Grand Jamboree in Paris stellte iGEM München sein Projekt nicht nur an einem eigenen Stand, sondern auch in zwei Live-Präsentationen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie vor. Die Goldmedaille und die Nominierung für das beste Software-Tool bestätigten die Bedeutung und Innovationskraft ihrer Arbeit.
Wir haben mit Raya Moyankova vom iGEM Team München über Ihre Erfahrungen beim Projekt gesprochen.
Hallo Raya, vielen Dank, dass du uns zu iGEM ein paar Fragen beantwortest:
Was studierst du an der TUM und wie bist du auf iGEM aufmerksam geworden?
Ich studiere Molekulare Biotechnologie im Bachelor und bin mittlerweile im 4. Semester. Zum ersten Mal hörte ich von iGEM bei einem Berufsorientierungstag an meiner ehemaligen Schule in Sofia (Bulgarien). Ein Professor des bulgarischen iGEM-Teams stellte dort das Projekt vor, und ich war sofort begeistert. Ich wollte unbedingt teilnehmen und recherchierte, ob es auch an der TUM ein Team gibt. Tatsächlich wusste ich schon vor meiner Immatrikulation, dass ich während meines Studiums Teil des Projekts werden wollte. Über die Instagram-Seite des TUM-Teams fand ich schließlich Informationen zum Kickoff-Seminar – und so wurde ich Mitglied im iGEM Club.
Was hast du im Rahmen des Projekts gemacht und was hat dir besonders gefallen?
Besonders begeistert hat mich die Arbeit an unserem Hauptprojekt ProgRAM: Programmable RNA Access Memory. Wir konnten mit führenden Expertinnen und Experten weltweit sprechen, die uns wertvolle Tipps gaben. Dabei haben wir zum Beispiel Forscher am MIT kontaktiert, deren Publikationen die Grundlage für unser Projekt bildeten. Die Laborarbeit führten wir in den Räumen unseres PIs, Prof. Gil Westmeyer, durch, der uns während des gesamten Projekts und des Wettbewerbs hervorragend unterstützte.
Vor der Laborphase führten wir Computersimulationen durch, um zu prüfen, ob unsere Ideen in der Praxis funktionieren würden. Neben der wissenschaftlichen Arbeit organisierten wir auch zahlreiche Outreach-Veranstaltungen wie den Girls' Day oder iGEM@School, bei denen wir Schülerinnen und Schüler auf dem Campus begrüßen konnten. Unser Ziel war es, unsere Ideen der Öffentlichkeit vorzustellen und die Rolle der synthetischen Biologie zu diskutieren – besonders spannend war dabei unsere Podiumsdiskussion zur Bedeutung künstlicher Intelligenz.
Wie war für dich die Zusammenarbeit in einem hochschulübergreifenden und interdisziplinären Team?
Dank iGEM konnte ich mit Studierenden anderer Universitäten wie der LMU sowie verschiedener Schools der TUM, etwa der School of Natural Sciences, zusammenarbeiten. Diese interdisziplinäre Teamarbeit war unglaublich bereichernd – insbesondere durch den Austausch mit Bachelor- und Masterstudierenden aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Ich habe enorm viel gelernt und wurde motiviert, mich auch in anderen Projekten an der TUM zu engagieren. Als internationale Studentin wurde mir erst durch iGEM bewusst, wie viele spannende Möglichkeiten es hier gibt.
Welche Erfahrungen hast du gemacht, die dir für deine Zukunft oder dein Studium helfen?
Man lernt nicht nur viel über Laborarbeit, sondern auch über Selbstorganisation und Teamarbeit. Besonders wichtig ist es, eigene Entscheidungen zu treffen und aus praktischen Erfahrungen Schlüsse für zukünftige Experimente zu ziehen. Diese Selbstständigkeit ist sehr motivierend und hilft mir auch im Studium. Zudem habe ich gelernt, effizient im Team zu kommunizieren, meine eigenen Stärken besser einzuschätzen und realistisch zu planen, wie viel Zeit einzelne Aufgaben erfordern. All diese Erfahrungen werde ich nun als Advisor an das nächste iGEM-Team weitergeben.
Würdest du anderen Studierenden die Teilnahme an einem solchen Projekt empfehlen?
Auf jeden Fall! iGEM war die beste Erfahrung, die ich in meinem ersten Jahr in München gemacht habe. Ich habe viele neue Freunde gefunden und mich schnell in München eingelebt. Zudem habe ich unglaublich viel gelernt und unvergessliche Erlebnisse gesammelt. Ein besonderes Highlight war die Reise nach Paris, wo wir Teams aus aller Welt trafen und uns über unsere Projekte austauschen konnten – alle waren hochmotiviert und hatten großen Spaß an dem Event.
Wie können Studierende am iGEM-Projekt teilnehmen?
Interessierte Studierende können sich über unsere Instagram-Seite oder unsere Website über iGEM informieren. Zudem findet jedes Jahr im Oktober oder November ein Kickoff-Event statt, bei dem man mehr über das Projekt erfährt und sich beteiligen kann.
Liebe Raya, vielen Dank für das schöne Interview!
Das iGEM München Team bedankt sich ausdrücklich bei der TUM School of Natural Sciences, deren finanzielle Unterstützung das Projekt erst ermöglichte.
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