Am 28. März 2025 ehrte das Department Chemie der Technischen Universität München (TUM) die wissenschaftlichen Beiträge und gemeinschaftsstiftenden Leistungen von Prof. Dr. Bernhard Rieger, der in den Ruhestand eintrat.
Begrüßung und Eröffnung
Prof. Tom Nilges, Leiter des Departments Chemie, eröffnete die Veranstaltung mit einem Grußwort an Prof. Rieger. Anschließend übergab er das Podium an Prof. Johannes Barth, Dekan der TUM School of Natural Sciences, der ebenfalls die Anwesenden, insbesondere Prof. Riegers Kolleginnen und Kollegen, begrüßte und auf Prof. Riegers entscheidende Vermittlerrolle als Vorsitzender und Sprecher des Senats der Universität bei der letzten Präsidentenwahl und dem Übergang von den Fakultäten zu den Schools an der TUM hinwies. Prof. Barth dankte Prof. Rieger für sein „kontinuierliches Engagement als Spitzenwissenschaftler und Führungspersönlichkeit in der wissenschaftlichen Gemeinschaft“.
„Bernhards Input hat uns dazu gebracht, anders über die Chemie zu denken“
Das Kolloquium begann mit einem Vortrag von Prof. Jonathan Veinot (Department of Chemistry, University of Alberta, Kanada), der Prof. Rieger zum ersten Mal an der TUM traf, als er unerwartet in München „festsaß“, weil der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull fast eine Woche lang alle Flüge ausfallen ließ. In seinem Vortrag „Von Vulkanen zu Venedig und einer globalen Pandemie dazwischen, 20 Jahre lustige und wirkungsvolle Wissenschaft“ reflektierte Prof. Veinot über persönliche und wissenschaftliche Verbindungen im Laufe der Jahre. Nach der Zusammenarbeit mit Prof. Rieger während Prof. Veinots Sabbatical an der TUM im Jahr 2012 festigten die beiden ihre Zusammenarbeit. „Es war eine so wunderbare Gelegenheit an der TUM, dass wir sie mit Studenten teilen wollten, um eine große wissenschaftliche Gemeinschaft aufzubauen und gute Chemie zu machen.“ Gemeinsam gründeten sie 2015 die Alberta / Technical University of Munich Graduate School for Functional Hybrid Materials (ATUMS) - und schufen damit ein Netzwerk und Möglichkeiten des freundschaftlichen Austauschs zwischen Deutschland und Kanada, die bis November 2024 andauerten.
In wissenschaftlicher Hinsicht führte die frühe Zusammenarbeit zu neuen Erkenntnissen über die Funktionalisierung von photolumineszenten Silizium-Nanokristallen auf Oberflächen, die sich bis heute auf neue Entdeckungen auswirken, einschließlich Anwendungen in der Krebsforschung und in Sensoren zur Erkennung von Sprengstoffen. Von der Synthese über die Oberflächenchemie bis hin zu den Bauelementen - aus ihren anfänglichen zufälligen Begegnungen auf wissenschaftlichen Konferenzen wurde eine langfristige Partnerschaft zwischen Kollegen.
„Eine kurze Geschichte des Galliumnitrids“
Prof. Martin Stutzmann (Walter Schottky Institut, TUM Emeritus of Excellence) gab einen historischen Überblick über die Geschichte des Galliumnitrids (GaN). Seit seiner ersten Synthese in den späten 1930er Jahren fehlte es dem Material an unmittelbarer Anwendung. In den frühen 1970er Jahren wurde die erste GaN-Leuchtdiode (LED) an der Universität Berkeley von Prof. Jacques I. Pankove entwickelt. Dies wurde 1980 von Volkswagen kommerziell genutzt, allerdings ebenfalls ohne großen Erfolg (die LED musste sogar in eine normale Glühbirne mit blauer Abdeckung umgerüstet werden). Anfang der 1990er Jahre stellte das System zur chemischen Gasphasenabscheidung von Nichia Chemical Industries (an dem auch der Nobelpreisträger Shuji Nakamura beteiligt war) GaN in hoher Qualität her und führte zu einer Wiederbelebung des Forschungsfeldes, indem hochwertiges GaN mittels eines Siliziumsubstrats gezüchtet wurde.
Heutzutage sind GaN-Halbleiterbauelemente weit verbreitet, vor allem in LEDs, die den gesamten visuellen Bereich in einem preiswerten Rahmen abdecken. Bemerkenswerte Beispiele sind die blauen LEDs in den Pachinko-Spielhallen in Japan sowie die Anwendungen von Transistoren mit hoher Elektronenbeweglichkeit, die in Geräten wie sonnenblinden UV-Sensoren und Neurotransistoren zu finden sind.
„Bernhard: der Kommunikator, Politiker, Wissenschaftler, Entertainer, Lehrer, Freund“
Der abschließende Vortrag widmete sich dem Leben und Wirken des Geehrten: „Bernhard Rieger, ein Leben im Dienste der Wissenschaft“. In seiner Ansprache würdigte Prof. Nilges sowohl seinen Kollegen als auch die Verdienste von Prof. Riegers langjähriger Sekretärin Annette Bauer, die in diesem Monat in den Ruhestand geht - zur gleichen Zeit wie der Professor, mit dem sie jahrzehntelang zusammenarbeitete.
Ein riesiges Universum für Materialwissenschaftler
Nilges nahm die Zuhörer mit auf eine Zeitreise durch Prof. Riegers berufliche Entwicklung, die bahnbrechende wissenschaftliche Fortschritte, Erfindungen und die Zusammenarbeit mit Industriepartnern umfasste. Prof. Nilges würdigte Prof. Rieger als großartigen Wissenschaftler und als „einen Mann, der mit dem Rest der Welt verbunden ist“, d. h. der sich für die Öffentlichkeit engagiert und eine Verbindung zwischen der Wissenschaft und der Wirtschaft herstellt. Seine Arbeit und die Akquisition von Projekten kumulierten in Initiativen wie dem Silicon Institute und dem iC4, die zahlreiche Generationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ausbildeten und weiterentwickelten.
Abschließend bedankte sich Prof. Nilges bei den Vortragenden und allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und würdigte Prof. Riegers Beiträge zur Lehre, zum wissenschaftlichen Fortschritt und zum Aufbau einer bedeutenden kollegialen Gemeinschaft. Rieger schloss die Veranstaltung mit einem Dank an alle Vortragenden und Gäste und einem abschließenden an Annette Bauer, für „die gesamte Organisation und Unterstützung“.
Während des informellen Empfangs im Foyer des Zentralinstituts für Katalyseforschung, in dem Rieger als leitender Forscher tätig war, hatten die Gäste die Gelegenheit, bei einem gemeinsamen Essen mit Prof. Rieger in Kontakt zu treten und die Zeitreise fortzusetzen.
Weitere Informationen und Links
- Die Arbeitsgruppe von Prof. Bernhard Rieger, der WACKER-Lehrstuhl für Makromolekulare Chemie https://www.ch.nat.tum.de/makro/startseite/
- TUM-Botschafter Prof. Jonathan Veinot „Ich bin ein Fan der TUM“ https://www.community.tum.de/jonathan-veinot/
- TUM-Forschungszentrum für Katalyse https://www.crc.tum.de/en/crc/home/
- Silizium-Institut https://www.ch.nat.tum.de/makro/institut-fuer-siliciumchemie/startseite/
- ATUMS https://www.ch.nat.tum.de/makro/irtg-2022-atums/overview/ (auf Englisch)
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