Teilchen, die über riesige Entfernungen gemeinsam ihren Zustand ändern, oder Elektronen, die sowohl Eigenschaften von Wellen als auch von Teilchen besitzen: Phänomene aus der Quantenwelt weichen oft stark von unseren Erfahrungen und Vorstellungen ab. Die Ausstellung „Licht und Materie“ des Exzellenzclusters MCQST will sie dennoch für junge Menschen begreifbar machen.
Im Eingangsbereich des Deutschen Museums herrscht reges Treiben. Hier warten am Morgen zahlreiche Schulklassen auf Einlass. Unter den Wartenden ist auch eine Gruppe Studierender, die im Rahmen einer Fortbildung zur Wissenschaftskommunikation gleich die Ausstellung „Licht und Materie“ besuchen wird.
„Öffentlichkeitsarbeit ist für mich ein ganz wichtiger Bestandteil der Forschung“, sagt eine von ihnen: Paula García-Mochales studiert an der TUM im Masterprogramm Quantum Science & Technology. „Gerade bei den komplexen Phänomenen der Quantenphysik ist es wichtig, sie den Menschen zugänglich zu machen.“
Exzellenzforschung zum Anfassen
Genau dafür wurde die Sonderausstellung „Licht und Materie“ vom Munich Center for Quantum Science and Technology (MCQST) konzipiert, einem Exzellenzcluster, an dem neben der Ludwig-Maximilians-Universität München, der TUM und weiteren Forschungseinrichtungen auch das Deutsche Museum beteiligt ist. Die Ausstellung zeigt Geschichte und Grundlagen der Quantenphysik des 20. Jahrhunderts und bereichert diese immer wieder mit persönlichen Geschichten. Zum Beispiel der von Dr. Alice Golsen. Ihr gelang 1923 als Erste die exakte Messung der physikalischen Größe des Strahlungsdrucks. Dennoch versagte man der Lehrerin zu Lebzeiten die ihr gebührende Anerkennung als Forscherin. Golsen musste während der Zeit des Nationalsozialismus aus Deutschland fliehen und nahm sich im Exil das Leben. Ein Setzkasten mit liebevoll gestalteten Miniaturen erzählt diese bewegende Geschichte und zeigt auf Knopfdruck auch den Versuchsaufbau ihres bahnbrechenden Experiments.
Neben diesen szenischen Exponaten finden vor allem die Mitmach-Stationen großen Anklang beim Publikum. An ihnen können Kinder und Erwachsene zum Beispiel anhand eines Tischtennisballs, der nicht von einem rotierenden Sattel fällt, nachvollziehen, wie die sogenannte Paul-Falle funktioniert. Diese Ionenfalle ermöglicht es, die Eigenschaften geladener Teilchen mit hoher Präzision zu untersuchen und ist etwa für die Spektroskopie oder für die Entwicklung von Quantencomputern von zentraler Bedeutung. Ihr Erfinder Wolfgang Paul erhielt dafür 1989 den Nobelpreis für Physik.
Fast fünf Jahre haben die Forschenden des Clusters und das Team des Deutschen Museums an den Exponaten gearbeitet. „Die Umsetzung der einzelnen Objekte und die Gesamtkonzeption einer solchen Ausstellung ist nur möglich, weil wir unsere Werkstätten direkt hier im Haus haben. Dort zeigt sich sehr schnell, ob es sich lohnt, an einer Idee weiterzutüfteln, oder ob sie nicht darstellbar ist“, sagt Katharina Stuhrberg, die heute die Fortbildungsgruppe durch die Ausstellung führt. Gerade zeigt sie das Experiment „Atomare Harmonien”, bei dem das Linienspektrum des Wasserstoffatoms in Töne übersetzt wird. „Das Linien- oder Strahlungsspektrum eines Atoms kann man mit der Quantenphysik erklären und für das Wasserstoffatom sogar ausrechnen“, sagt sie. „Die Frequenzen der Lichtwellen stehen in einem ganzzahligen Verhältnis zueinander, sodass unsere Töne hier harmonisch klingen.”
Quanten – Teil unseres Alltags
Paula García-Mochales findet, dass es der Ausstellung gelingt, die Quantenphysik näher an die Lebenswirklichkeit der Menschen heranzubringen: „Viele denken, dass Quantenphysik nur für Forschende relevant ist“, sagt sie. „Hier sieht man, wie sie bereits Teil unseres Alltags ist – von der Lasertechnologie bis zur GPS-Navigation.“
Auch außerhalb der Museumsmauern engagiert sie sich für die Vermittlung des Themas und ist im Student Club PushQuantum aktiv. Dieser bietet Studierenden verschiedener Fachrichtungen einen praxisnahen Einblick in die Quantentechnologien und fördert den Austausch mit Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschung. „So wird Wissenschaft lebendig und greifbar“, sagt Paula García-Mochales. Im Anschluss an die Führung diskutiert sie mit den anderen in der Gruppe über die Ausstellung und Verbesserungsmöglichkeiten.
Ein Feedback, das Museumsmitarbeiterin Katharina Stuhrberg gerne mitnimmt: „Die Sonderausstellung wird 2028 ein Teil der Dauerausstellung Physik“, sagt sie. „Und überhaupt ist die Ausstellung immer in Bewegung – wir nehmen Feedback von Expertinnen und Experten, aber natürlich auch von Gästen auf und sind im ständigen Austausch mit den Forschenden des MCQST-Clusters.“ Der letzte Teil der Ausstellung macht diesen Austausch besonders deutlich. Er gibt einen Ausblick auf die Zukunft der Quantenforschung und damit auf Teilprojekte des MCQST – von der Kryptografie bis zu quantenmechanischen Sensoren.
Auf einem personengroßen Touchscreen geben drei Forschende des Clusters einen interaktiven Einblick in ihre Arbeit und ihre Labore. Und auf eigens gestalteten Postkarten können die Besucherinnen und Besucher Fragen stellen, die die Forschenden des Exzellenzclusters auf der Website des Clusters beantworten. Die Quantenwelt, das zeigt sich spätestens hier, steckt voller Antworten – aber auch voller Fragen, die mitten ins Leben der Menschen führen.
Weitere Informationen und Links
- Die Ausstellung „Licht und Materie“ im Deutschen Museum läuft noch bis 26. Oktober.
- Das Exzellenzcluster Munich Center for Quantum Science and Technology (MCQST) umfasst sieben Forschungsabteilungen aus Disziplinen wie Physik, Informatik oder Materialwissenschaften, die alle Bereiche der Quantenwissenschaft und -technologien abdecken. Zentrales Ziel ist es, ein weltweit führendes Zentrum für Quantenwissenschaft und -technologien mit einem multidisziplinären Profil aufzubauen, das sich mit wichtigen wissenschaftlichen und technologischen Fragen befasst.
- 2025 wurde von der UNESCO zum „Internationalen Jahr der Quantenwissenschaft und Quantentechnologien“ ausgerufen.
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Originalarikel: https://www.tum.de/aktuelles/alle-meldungen/pressemitteilungen/details/zwischen-welle-und-teilchen